Verein für Geflügelzucht Osterode u. U. von 1890

Kunstbrut vs. Naturbrut

Sowohl unter Hobbyhaltern als auch Züchtern wird das Thema „Brüten“ kontrovers diskutiert. Was ist die beste Art zu brüten?

Nun, prinzipiell muss das jeder für sich alleine entscheiden. Sowohl die Kunst- als auch die Naturbrut haben ihre Vor- und Nachteile. Daher gehen viele Geflügelhalter dazu über, beide Formen zu praktizieren. Für die seltenen Rassen und bei Rassen, die keinen Bruttrieb haben, wird künstlich gebrütet, setzt sich allerdings eine Henne, Ente, Gans, Täubin,… wird diese nicht entgluckt und sie darf ihren Bruttrieb ausleben.

Vorteile der Kunstbrut

  • genaue Planbarkeit des Schlupftermins
  • hohe Stückzahlen sind möglich
  • weniger Fläche reicht für mehr Küken
  • häufig sind die Ausfälle im Vergleich zur Naturbrut geringer
  • die Hennen legen weiter Eier, da sie nicht brüten müssen
  • neben der Leihglucke die einzige Möglichkeit, Nichtbrüter-Rassen zu vermehren

Vorteile der Naturbrut

  • gluckende Hennen können sich frei entfalten
  • der hohe Kaufpreis für den Inkubator (Brüter/ Brutmaschine) entfällt
  • das Beaufsichtigen der Kunstbrut entfällt
  • die Glucke führt und beschützt die Küken
  • die Küken übernehmen das Verhalten der Henne

Tipps für die Naturbrut

Wenn es sich eine Henne in den Kopf gesetzt hat, Nachwuchs zu bekommen, dann setzt sie sich. Dafür sucht sie sich ihr Lieblingsnest aus oder ein Nest, in dem bereits mehrere Eier liegen. Sie wird platt wie eine Flunder, plustert sich auf und beginnt, Wärme abzustrahlen auf die Eier (dabei entfernt sie ihr Bauchgefieder). Oftmals lässt sie auch keinen mehr ran an das Nest. Normalerweise akzeptieren die Stallmitbewohner das und es stellt dann kein Problem dar, die Glucke in ihrem Stall zu lassen.

TIPP: verbleibt die Glucke in ihrem Stall, so kann es sein, dass die anderen Hennen ihre Eier dazu legen, vor allem, wenn die Glucke kurz ihr Nest verlässt. Daher ist es sinnvoll, die Eier, die gebrütet werden, zu kennzeichnen – z.B. mit Bleistift. So kann man die dazu gelegten Eier täglich absortieren.

Funktioniert das Zusammenleben nicht, so sollte die brütende Henne in einen separaten Gluckenstall umgesetzt werden, in dem sie in Ruhe und alleine brüten kann.


Wenn es noch geht, den Außenrand des Nestes mit etwas Kieselgur auspulvern, um Parasiten zu dezimieren.

Wasser und Futter in Reichweite aufstellen, so dass die Glucke auch während des Brütens beides aufnehmen kann. Eventuell kann zusätzlich noch ein Staubbad aufgestellt werden, wenn sie in einem EInzelstall separiert wurde.

Die Glucke bleibt so lange sitzen, bis ihre Küken geschlüpft sind. In der Regel verbleibt sie noch ein bis zwei Tage mit ihrem Schlupf im Nest, bevor sie dieses zusammen mit ihren Küken verlässt und ihren Nachwuchs präsentiert. Eine Henne weiß, wie sie sich um ihren Nachwuchs kümmern muss und wird mit ihm ohne Hilfe zurück ins Nest gehen.

TIPP: gerade, wenn es sich um mehrere Küken handelt, so ist darauf zu achten, dass keine Fressfeinde den Nachwuchs gefährden können. Gerade Elstern oder Krähen nutzen die Chance und klauen im Zweierverbund die Küken. Daher sollte der Auslauf am besten übernetzt sein.

Hennen beschützen ihren Nachwuchs und kennen hier kein Erbarmen. Alles, was eine potentielle Gefahr bedeuten könnte, wird gnadenlos angegriffen. Das können auch Küken einer anderen Glucke sein, die sich in „ihr Revier“ verirren.

TIPP: Führen mehrere Hennen, so sollten diese getrennt gehalten werden, um die Nachzucht zu schützen.


Bei der Aufzucht ist darauf zu achten, dass die Küken sowohl an den Wasser- als auch an den Futternapf gelangen. Der Wassernapf sollte so gestaltet sein, dass die Küken darin nicht ertrinken können.

TIPP: es gibt spezielles Kükenfutter, welches sich für die Anfangszeit zur Fütterung anbietet. Sind die Hühner isoliert, so kann auch Kükenfutter mit cocc (Kokzidiostatikum ) – ein antibiotischer Wirkstoff, der Deine Küken gegen den Befall mit Kokzidien schützt.

Bei Naturbrut muss nicht zwingend Kükenstarter gefüttert werden. Die Glucke führt ihren Nachwuchs direkt an das normale Körnerfutter heran.

VORSICHT: Kükenfutter mit cocc darf nicht an Wassergeflügel verfüttert werden. Diese vertragen den Wirkstoff nicht und versterben innerhalb kürzester Zeit!

Die Leihglucke

Einer Henne ist es egal, welche Eier sie ausbrütet, Hauptsache, sie hat welche!

Gerade in der Erhaltungs- bzw. Rassezucht kann man so einer Glucke die Eier unterschieben, die man gerne bebrütet möchte. Dabei ist darauf zu achten, dass man einer Zwergrasse nicht unbedingt Eier von großen Hühnern unterschiebt. Diese geschlüpften Küken kann sie nach kurzer Zeit nicht mehr unter sich wärmen.

Prinzipiell ist es möglich, Hühner auch Wassergeflügel ausbrüten zu lassen. Dass der Schlupf bei Enten nicht nach drei (wie bei Hühnern) sondern erst nach 4 Wochen erfolgt, stellt keinerlei Problem dar. Die Glucke bleibt sitzen!

VORSICHT: Wassergeflügel möglichst nicht von Seidenhühnern ausbrüten lassen. Entenküken gehen relativ schnell ins Wasser (eine Bademöglichkeit muss auch in dieser Konstellation unbedingt zur Verfügung stehen), durch das Seidengefieder können die Küken darin verkleben und ersticken!

Auch (Zwerg)Puten stellen hervorragende Leihglucken dar. Auch diese kann man alles ausbrüten lassen.

VORSICHT: Wassergeflügel nicht zum Ausbrüten von Hühnern nutzen! Enten und Gänse führen nach kurzer Zeit ihren Nachwuchs ins Wasser, Hühnerküken würden hier einfach ertrinken!

Erhaltungs- und Rassezucht

Erhaltungszüchter stehen häufig vor dem Problem, dass sie von ihrer Rasse nicht mehr viele Exemplare mit guten Eigenschaften vorfinden. Das ist aber gerade im Rahmen des Rasseerhaltes wichtig! Mit Pech setzt bereits die Inzuchtdepression ein, wodurch die Schlupfquote und die Überlebenschance der Küken leiden. Wer noch ein paar gute Zuchtstämme bilden kann, muss notgedrungen möglichst viele Bruteier für die Kunstbrut gewinnen.

Geht es zu Ausstellungen, dann werden nur die Hühner oder Zuchtexemplare mit den typischen Rassemerkmalen ausgestellt und bewertet. Selbst bei häufiger vorkommenden Rassen lohnt es deswegen, mit der Kunstbrut viele Küken auszubrüten, um selektieren zu können. Außerdem müssen die Jungvögel zu den Ausstellungsterminen das nötige Alter mitbringen. Für langsam reifende Rassen (gerade Großrassen wie z.B. Brahma) geht der Inkubator schon im Herbst oder Winter an.

Wer zuerst viele Küken aufzieht, um anschließend 80 % wieder auszumustern, würde einige Glucken benötigen. Diese vertragen sich nicht immer miteinander, weswegen im Idealfall jede im eigenen Gluckenstall sitzt. Der Pflegeaufwand steigt dadurch erheblich. Außerdem geht durch das Separieren viel Platz verloren. Wachsen die Küken erst in der Kükenbox und dann im Kükenstall auf, wird alles einfacher. Wer nicht viel Platz mitbringt, kann auch deswegen mit der Kunstbrut weit mehr Küken durchbringen.

Kükenaufzucht bei Kunstbrut

Küken brauchen nach dem Schlupf Wärme. Da sie nicht von einer richtigen Glucke ausgebrütet wurden, welche sie unter ihre Fittiche nehmen würde, müssen andere Wärmequellen herangezogen werden.

Eine Möglichkeit ist eine künstliche Glucke (siehe Foto). Hier ist eine Wärmeplatte integriert und die Küken können darunter schlupfen und sich wärmen.

TIPP: die künstliche Glucke hinten etwas tiefer einstellen als vorne. So können sich die Küken den für sie angenehmsten (wärmsten) Platz suchen.

VORSICHT: die Küken müssen darunter kriechen und dürfen nicht stehen können! Ist die Glucke zu hoch eingestellt, wärmt sie nicht richtig und die Küken erfrieren!

Eine weitere Möglichkeit ist eine Rotlichtlampe. Auch diese ist so einzustellen, dass sie nicht zu warm und nicht zu kalt ist. Auch Schwarzlicht als Wärmequelle kann eine Alternative darstellen.

Als Kükenheim empfiehlt sich ein Hasenkäfig. Oder ein Aquarium/Terrarium. Selbstverständlich gibt es auch fertige Kükenheime im Fachhandel.

Sollte ein Hasenkäfig genutzt werden, ist darauf zu achten, dass die Gitterstäbe nicht zu weit auseinanderstehen. Die Küken können sonst durchschlüpfen.

Anfänglich kann der Käfig mit einem alten Handtuch ausgelegt werden, sobald die Küken etwas größer sind, empfiehlt sich normale Einstreu (z.B. Roggenstroh)

Futter- und Wassernapf sind so zu gestalten, dass die Küken sowohl Wasser als auch Futter problemlos aufnehmen können.

Wichtig ist, dass die Küken genügend Licht haben (außer nachts – da sollen sie schlafen). Sind sie komplett im Dunklen, finden sie die Näpfe nicht und verhungern bzw. verdursten.

Der Käfig muss zugfrei stehen, je nach Boden, auf dem der Käfig steht, empfiehlt sich eine Styroporplatte zwischen Boden und Käfig. So ist auch der Boden von unten etwas isoliert und Kälte (z.B. von einem Betonboden) kann nicht in den Käfig ziehen. So haben es die Küken von allen Seiten warm.

Sobald die Küken anfangen, die ersten Federn zu schieben, können sie in einem Kükenstall untergebracht werden (also bereits in der Außenanlage). Je nach Möglichkeit die Tiere noch ein paar Tage im Stall lassen, bevor sie in den Auslauf dürfen. Auch im Stall empfiehlt sich eine Wärmequelle für nachts.

VORSICHT: Wassergeflügel aus Kunstbrut keine Bademöglichkeit anbieten, bis sie anfangen, Federn zu schieben. In der Natur macht Mama Ente (beziehungsweise Mama Gans) ihren Nachwuchs nach dem Baden trocken (eine Leihglucke übrigens auch). In der Kunstbrut bleibt der Flaum zu lange feucht, weshalb sich die Küken leicht erkälten und daran versterben können!

Viele weitere interessante Themen zur Hühnerhaltung und -aufzucht finden sich auf der Internetseite www.huehner-ratgeber.de